Liebe DudeRock-Fangemeinde,
es schickt sich eigentlich nicht, Ewigkeiten nichts von sich hören zu lassen, und dann einen Artikel über ein solch polarisierendes Thema wie - Achtung jetzt kommt's: STUTTGART 21 zu verfassen. Trotzdem möchte ich mich hier einmal kurz dazu äußern und das nicht zuletzt, weil ich die heutige Eskalation hautnah miterleben musste. Nicht am eigenen Leib (zum Glück), aber doch an vorderster Front.
Bevor Ihr jetzt weiter lest, und einen Schwall an Argumenten PRO oder CONTRA Stuttgart 21 ansammelt: Dieser Artikel ist völlig Meinungsfrei zu diesem Bauprojekt, und die jeweiligen Argumente wurden in unzähligen Runden, Foren und Gesprächen mit Sicherheit bis zum erbrechen immer und immer wieder dargelegt - aber darum geht es auch nicht.
Ich möchte hiermit meinen 100%igen Unmut darüber äußern, wie Menschen miteinander umgehen. Bisher habe ich immer die allerhöchsten Lobeshymnen auf die Polizeikräfte in Stuttgart von mir gegeben. Zurecht! Immerhin kam es bei Großereignissen wie der WM 2006 nie zu ernsthaften Zwischenfällen, und auch die Bundesligaspiele des VfB, die besoffenen Menschenmassen auf dem Wasen, und unzählige Konzerte - alles bisher ohne große Zwischenfälle, dank einer hervorragenden Deeskalationsstrategie.
Jetzt höre ich schon "Aber die Demonstration gegen ein solches Bauprojekt ist was ganz anderes!" und das stimmt. Trotzdem hat es die Polizei, bei den ersten großen Protesten nach dem ersten Baggerbiss am Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs, hin bekommen, dass die Demonstranten sich Luft machen konnten, aber nichts passiert ist. AUCH, und das möchte ich hier nicht unerwähnt lassen, dank der hervorragenden Arbeit von sogenannten Deeskalationsbeauftragten der Parkschützer. Es gab einen Konsenz. Man protestierte auf der einen Seite und handelte auf der anderen nach seinen Befehlen (Über deren Sinnigkeit lässt sich sicher, genau wie über den Zeitpunkt des aufflammen des Protests, streiten, aber das gehört wie gesagt nicht hier her). Auch bei Sitzblockaden war man sich irgendwie einig. Demonstrant sitzt und blockiert, Polizist kommt und sagt "Stehen Sie bitte auf". Demonstrant erwidert "Oben bleiben", Polizist warnt, dass er den Demonstranten jetzt dann weg tragen wird, wenn dieser nicht freiwillig geht. Der Demonstrant entscheidet sich für aufstehen und gehen oder weg getragen werden - aber es bleibt friedlich.
Heute ist damit Schluss. Leider.
Dass die Baufirmen mit dem Fällen der Bäume zum 1. Oktober beginnen würden, war seit einigen Wochen klar - zumindest war das aus diversen Pressemitteilungen und Statements zu entnehmen. Gut, die Aussage war eher "Selbst wenn wir wollten, wir DÜRFEN ja gar nicht vor dem 1.10. (bis dahin gilt nämlich ein grundsätzliches Fäll-Verbot, was damit zu tun hat, dass man Brut- und Nistplätze nicht zerstören darf, aber das nur am Rand erwähnt). Somit war der Termin für die nächste große Aktion gesetzt, und dass vorher alles abgesperrt werden muss, dürfte jedem klar gewesen sein, der sich mit der Thematik beschäftigt - und das würde ich auf Seiten der Demonstrierenden definitiv als gegeben betrachten. Nun haben sich Parkschützer & Co natürlich dementsprechend organisiert und zum Protest gerufen. Dass jetzt nun ausgerechnet heute Früh eine Schülerdemo statt finden muss, ist im ersten Augenblick nichts außergewöhnliches, meiner Meinung nach aber der Knackpunkt für die heutige Eskalation.
Die Demonstration war ebenfalls schon einige Zeit angemeldet und ist grundsätzlich auch zu begrüßen. Gemeinschaftskundeunterricht in der Praxis - an und für sich eine tolle Sache. Ich bin damals mit der Klasse zu einer Lichterkette gegen eine Müllverbrennungsanlage auf die Straße gegangen. Ist also alles im legitimen Rahmen, auch wenn ich im Nachhinein betrachtet bezweifeln möchte, dass ich aus eigenem Antrieb auf die Demo gegangen bin. Ich fand meine Gemeinschaftskundelehrerin damals ziemlich überzeugend, und vielleicht auch toll. Wer weiß.
Jetzt stell ich mir also erst einmal die Frage, ob die Schülerdemo per Zufall zu diesem kritischen Zeitpunkt stattfinden musste - immerhin wäre gestern auch ein guter Tag für einen friedlichen Protest gewesen - oder ob (und davon ist fast auszugehen) der Termin absichtlich so gelegt wurde. Wie sonst bekommt man um eine Zeit, in der die meisten Leute arbeiten müssen, so viele Demonstranten in einen Park. Immerhin war die Demo für die Lautenschlagerstraße angemeldet - und dass genau zum Beginn der Parkschützer SMS-Alarm augelöst wird, ist mehr als Fragwürdig. Es ist also die Frage, ob sich die Schüler da instrumentalisieren lassen mussten, und die ganze Sache deswegen schon fast gegen das Gesetz verstößt. Stichwort "Schutzbefohlene".
Auf der anderen Seite muss man natürlich auch fragen, warum zum erst möglichen Zeitpunkt Barrikaden aufgebaut werden müssen. Zumal es ja anscheinend absehbar war, dass es solch massiven Wiederstand gibt - sonst wären nicht Polizisten, auch aus den Nachbarbundesländern, so zahlreich vertreten gewesen, und auch die Anwesenheit von Wasserwerfern ist jetzt nicht gerade ein deeskalierendes Zeichen. Soweit die Vorzeichen. Alles noch "unkoscher" wie immer, aber NOCH friedlich.
Ich stehe also heute Mittag im Schlossgarten und sehe ein massives Polizeiaufgebot. Menschen dürfen nicht mehr in das abzusperrende Areal und die bereis anwesenden pfeifen die Polizisten aus, die Barrikaden aufstellen müssen. Zu diesem Zweck haben sie auf dem alten ZOB-Gelände eine Sammelstelle eingerichtet und schlagen sich von dort in den Park, sammeln sich an einem Punkt und weiten die Barriere immer weiter aus. Dummerweise stand einer der Polizei-LKW auf einem regulären weg, worauf hin sich die ersten Demonstranten vor dem LKW zu einer Sitzblockade zusammen finden...
und JETZT kommen wir zu dem Punkt, an dem mir übel wird:
ca. 20 Jugendliche klettern auf den Polizei-LKW und besetzen diesen. Ein "offizieller" mit Megaphon ermuntert weitere Demonstranten dies ebenfalls zu tun, was auf junge erwachsene unheimlich anziehend wirkt. Halbwüchsige steigern sich immer mehr in rage und provozieren die Polizei ganz massiv - und das ist keine Polemik, sondern ein Augenzeugenbericht von mir. Jetzt folgt eine Durchsage der Polizei mit der Aufforderung, den LKW umgehend zu verlassen. Mehrfach! Nach ein paar Minuten hatten dann wirklich fast alle Demonstranten den LKW wieder verlassen - auch dank Aufforderung des "Offiziellen mit dem Megaphon". 3-4 Leute hielten sich hartnäckig, und als dann Polizisten dann hoch geklettert ist, fing die ganze Scheisse an. Weitere Heißsporne erklommen wieder den LKW, und die Emotionen kochten hoch.
Alles was bisher passiert ist, kann man meiner Meinung nach schon als Provokation bezeichnen, aber das ist ja nur die eine Seite... auf der anderen habe ich erlebt, dass eine Frau in ihr Handy brüllt: "Die Polizei knüppelt hier wahllos in die Menge", obwohl bisher nur die LKW-Besetzer Handgreiflichkeiten zu spüren bekommen haben. Vielleicht auch diejenigen, die sich der Polizei entgegen gedrückt haben, als die ihre Barrikaden aufstellen mussten...
Eine weitere Durchsage der Polizei - und mit Sicherheit 10 Minuten immer wieder wiederholt: "bitte machen Sie den Weg frei, sonst müssen wir den Weg räumen und unter Umständen auch den Wasserwerfer einsetzen".
O-Ton von Sitzblockierenden Jung-Demonstranten vor dem Wasserwerfer: "Dann schießt doch! Kommt doch her"!
... und so kommt eins zum anderen - die verantwortlichen der Polizei verlieren die Geduld und schalten einen Gang hoch - und die Konsequenz:
Das was da heute im Schlosspark passiert hat nichts mehr mit Stuttgart 21 zu tun, und mit Demokratie auch nicht! Polizeigewalt auf der einen, Anarchie auf der anderen Seite - und wer kommt unter die Räder? Richtig. Diejenigen, die FRIEDLICH demonstrieren. Dabei ist lange nicht jeder friedlich, der das von sich behauptet. Bestes Beispiel: Die Jungs und Mädels vom Flügel.tv. Ich finde es wirklich erstaunlich was die auf die Beine stellen, aber die Propaganda die dort berrieben wird, ist kein Stück besser als das was von Befürworterseite kommt. Nicht ein Stück! Wenn unter den Demonstranten Bilder verteilt werden von Menschen, die bei diesem scheiss verletzt wurden, nur um die Masse noch mehr aufzuhetzen - ist unter ALLER SAU!
Mit Wasserwerfern au Köpfe zu zielen und Demonstranten umrennen, stoßen und mit Pfefferspray zu traktieren - ist UNTER ALLER SAU!
Kinder und Jugendliche in die erste Reihe auf Demonstrationen zu schicken, die ERFAHRUNGSGEMÄSS sehr emotional ablaufen - ist UNTER ALLER SAU!
und deswegen bin ich traurig, wütend und enttäuscht. Danke für eure Aufmerksamkeit.
Manu
15 Kommentare:
Schade, sehr unnötiger und unqualifizierter Beitrag, der an Selbstbedienungs-Populismus grenzt. "Gewalt ist nie ein Mittel", dieser Satz hat mehr Gehalt als dieser affektierte Artikel, und sagt für den Einzelnen weit mehr aus. Also, niemand gehört vom Staat geschlagen, egal wie alt. Vor allem, wenn man weiß, dass Jüngere dabei sind (und im ihre besonderen "Bedürfnisse" - so nenne ich es mal - kennt), sollte die Situation nicht eskalieren. Da sollte man bessere Methoden suchen, und die gibt es auch, nicht nur im Repertoire eines Polizeipsychologen. Klingt doch schlüssig, oder? Der Verfasser sollte darüber mal nachdenken, und die Augen aufmachen.
Naja, der "Erfahrungsbericht" hat immernoch mehr Sinn als der Kommentar^^
Vor allem weil der erste Kommentator zu der Fraktion "soooo nicht" gehört.
Das sind die Schlaumeier, die immer ganz genau wissen was nicht gemacht werden dürfe aber nie eine sinnvolle Idee vortragen wie ein Problem gelöst werden solle.
Guten Morgen.
An Kommentator #1: Nichts anderes steht in meinem Artikel, aber er setzt u.U. voraus, zwischen den Zeilen zu lesen. Aber danke für den Kommentar, auch wenn er anonym erfolgt.
Ja, so war es.
Komplett richtig.
der erste normale bericht von dem besagten tag.
respekt.
irgenwann ist ende mit wattebauschaktionen seitens der polizei. und wenn nach der zigten aufforderung nix geschieht. gehts so rund.
und wie ich gesehen habe. und eine gruppe polizisten von einer maße menschen bedrängt wird. (für die einen ist das keine gewalt. für mich im ersten blick auch nicht)
aber die polizisten irgendwann nicht weite rzurrück können.
verständlich, daß da die notbrems emit pfefferspray gezogen wird.
nochmal respekt für den sachlcihen artikel
Danke für diesen Beitrag. Ich würde gerne mal wissen, was die Stänkerer wie Kommentator eins machen würden, wenn bei ihnen Jugendliche in den Garten einsteigen oder deren Auto kapern. Das findet der wahrscheinlich total knorke. Und was sind 283 Bäume, gegen die Abholzung des Amazonasregenwaldes? Warum findet das Spektakel nicht vor der brasilianischen Botschaft statt? Ich könnt kotzen... Überall auf der Welt verhungern Kinder, werden Wälder in unfassbarem Ausmaß gerodet und wegen der paar Platanen so ein Aufstand.
Wenn du für etwas einstehst und du bekommst eine SMS über das wofür das du einstehst, dann gehst du hin, oder nicht? So war es mit der Kinder-Demo, die informiert wurden, dass um 10:45 massiver Polizeieinsatz stattfand. Die Demo selbst wurde von den Schülern selbst organisiert. Das ist nicht so wie in der CDU, ich hoffe Du kannst die das irgendwie vorstellen. Hier also von "Kinder in die erste Reihe geschickt" zu sprechen ist billigste Polemik.
Wenn ich die Polizei gewesen wäre, dann hätte ich die Aktion um einen Tag verschoben.
Ach, die Verschiebung kostet Geld?? Soso, Die Schülerdemo war schon seit DREI Wochen im Vorfeld bekannt. Ich sag eines: Dumm Geplant, Dumm gelaufen. Jetzt Recht's sich die Rambo Politik.
Ich finde, du bist ein billiger Populist und steht damit den Grünen in NICHTS nach. Mit solchen Halbwahrheiten schürt man nur eins: Den Zorn der Bevölkerung über die Ohnmacht über die Politik, AUCH unter S21 Befürwortern, wie ich einer bis vor kurzem war. Aber so geht's nicht.
Auf Youtube gibt es überwiegend Beweise für die Strafbare Handlungsweise der Polizei gegenüber von Demonstranten. Und die Anzahl der Verletzten sprechen für sich: Drei Beamte mit Hämatomen gegenüber 116, bzw. >1000, Verletzten auf der Seite der Demonstranten mit Rippenbrüchen, ausgeschossenen Augen, Nasenbrüchen, Platzwunden am KOPF, etc.
Das spricht doch eine eindeutige Sprache oder nicht? Jeglicher Kommentar, diese Gewalt-Aktion in Schutz zu nehmen, ist ein Hohn gegenüber den Opfern.
um das noch mal KLAR zu stellen: Ich bin gegen JEDE FORM DER GEWALT! und was da von Seiten der Polizei abging hat auch nicht mehr viel mit "Verhältnismäßigkeit" zu tun, aber das nur als Ergänzung, weil ich das Gefühl habe dass man in meinen Artikel anscheinend auch rein interpretieren kann, dass ich die Polizeiaktion angemessen fand.
Zu persönlichen Beleidigungen werde ich hingegen keine Stellung beziehen, zumindest nicht gegenüber anonymen Kommentatoren.
Endlich mal ein Bericht der beide Seiten zeigt und keine Propaganda macht.. gut gemacht! Ich finde es auch unter aller sau kleine kinder da hinzustellen.. schülerprotest hin oder her was haben 10 jährige auf so ner veranstaltung zu tun? Allerdings hätten die polizisten wenigstens versuchen sollen die kleinen kinder aus der menge zu ziehen oder irgendwas in der art bevor sie mit wasserwerfern feuern...
Vielen Dank für diesen Beitrag, spricht mir aus der Seele
Lin sagt ...
den Ausbruch der Gewalt auf ein paar übermotivierte Pupertierende zu schieben, finde ich billig. Im Gegensatz zu den polizeilichen Spezialkräften wissen diese nichts über Deeskalation, über Möglichkeiten der Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols und mögliche Folgen ihren Handelns. Was ich von einem Polizisten jedoch durchaus erwarten darf. Der wird dafür bezahlt, dass er ein paar Pfiffe oder jugendliche Pöpeleien aushält (und ich bin mir sicher, dass die Gespräche zwischen Polizisten über Demonstranten nicht weniger rüde daher kommen).
Tut er das nicht, ist er fehl am Platz.
Selbst WENN die Demonstranten ihre Vuvuzelas geschmissen hätten, hätten die Einsatzkräfte Ruhe bewahren MÜSSEN. Wir vergelten ja einen Mord auch nicht mehr mit der Todesstrafe. Wir sprechen hier von Spezialkräften der Polizei, die für solche Einsätze ausgebildet wurden. Fraglich bleibt nun, ob sie Wissen darüber vermittelt bekommen, wie man eine brenzlige Situation entschärft - oder wie man eine Situation maximal zur Eskalation treibt um eine Legitimationsgrundlage zum Prügeln zu bekommen. Ich warte ja darauf, bis der schwarze Block aus Hamburg mit ein paar Bussen von der jungen Union hier her gekarrt wird, um ein bisschen in der Stuttgarter Innenstadt spazieren zu gehen ...
Was mich im Übrigen wirklich fertig macht ist der Gedanke daran, was für abgebrühte Säue diejenigen sein müssen, die quasi ihren Müttern und Vätern ins Gesicht schlagen und die ihre Kinder mit Tränengas aus dem Park werfen. Und in der gleichen Zeit in der Rentner und Jugendliche auf staatliche Anordnung verletzt werden, ziehen sich Mappus und Schuster in der Schleimspur von Gönner und Goll noch ein Bierchen auf dem Wasen rein - widerlich.
Ein Bericht, der es ziemlich so schildert, wie es zu beobachten war.
Gut auch, dass er anklagt, aber nicht Meinung bezieht.
Alle gespeicherten Videos meines Livestreams von gestern aus dem Schlossgarten, das machts nicht besser, aber so kann sich jeder selbst seine Meinung bilden und muss nicht die Lügen der Politiker reinfallen!
http://bambuser.com/channel/timariv
nur für die weitere Doku - dass es nicht verloren geht: der Hintergrund zum Bild vom Mann mit den blutigen Augen im Artikel:
http://foto.stuttgarter-zeitung.de/media/thumb_2/257213.jpg
Eine rein friedliche Demonstranten ist es nicht gewesen:
http://www.spiegel.de/images/image-136805-galleryV9-plfu.jpg
Kinder konnten unbehelligt den Polizeiwagen verlassen, wenn sie nicht auf Eskalation und Rechtsbruch abzielten:
http://www.youtube.com/watch?v=5fPbRDfKggQ
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